Pferdezucht und Pferdesport in Grönloh

von Erich Enders

Die Pferdezucht hat in Grönloh seit alters her eine große Rolle gespielt. Sie übertraf in ihrer Bedeutung alle anderen Gemeinden des Artlandes. Die Gründe waren vielfältiger Art: Die Erzeugung von Wirtschaftspferden aus eigener Zucht, der Verkauf von Arbeitspferden in Ackerbaugebiete im In- und Ausland die Erzeugung von Reit- und Artilleriepferden für das Heer, der Verkauf von Zuchtpferden und nicht zuletzt die Produktion von Reitpferden für den eigenen Bedarf. Wirtschaftliche Überlegungen und züchterische Passion hielten sich hierbei die Waage.


Das Gelände war für die Pferdezucht wie geschaffen: Viel natürliches Grünland, wenn auch nicht überall auf idealer Wasserstufe, und daher auch häufig mit Sumpfschachtelhalm durchsetzt. Über diese Pflanze kursierte das Sprichwort: "Pferdebrot - Rindertod", und so konnte man einen Teil der Grünlandflächen als "absolute Pferdeweiden" bezeichnen. Das feuchte Klima begünstigte den Aufwuchs von Hafer, der als "Badberger Hafer" weit über die regionalen Grenzen bekannt wurde.


Von einer gezielten Zucht liegen bis zum Jahre 1819 keine Unterlagen vor.

Zu diesem Zeitpunkt entsandte das Königliche Landgestüt Celle zwei Hengste nach Priggenhagen bei Bersenbrück, die 71 Stuten deckten, von denen 37 Fohlen gefallen sind. Schon im nächsten Jahre wurden die beiden Hengste dort abgezogen und auf dem Hofe Meyer zu Devern in Grothe aufgestellt. Von 1820-1836 standen dort in der Saison 2 Hengste auf Station. In den Jahren 1835 und 1836 ging die Zahl der den Hengsten zugeführten Stuten so stark zurück, daß seitens des Landgestütes eine weitere Besetzung der Deckstelle uninteressant erschien.


In diesem Zusammenhang ist noch zu erwähnen, daß die Hengste den 200 km langen Weg zwischen Badbergen und Celle bis zur Inbetriebnahme der Eisenbahnstrecke 1874 im Fußmarsch zweimal jährlich zurücklegen mußten.


In den Jahren 1837-1843 blieb die Deckstelle unbesetzt. Den Aufzeichnungen des Landwirtschaftlichen Vereins Badbergen ist zu entnehmen, daß die Züchter mit den Nachkommen der bisher aufgestellten Hengste nicht zufrieden waren. Durch starke Vollblutzufuhr zumeist englischer Importe seien sie im Knochenbau zu leicht und auch nicht immer günstig im Temperament. Demzufolge wurden drei Badberger Landwirte beauftragt, zwei Hengste eines schwereren Schlages anzukaufen, auf die von den Interessenten Aktien gezeichnet wurden, und zwar 2 1/2 Louisdor pro Stute. Die Decktaxe sollte 40 Pfund Hafer und 1/2 Pistole Geld betragen. Nebenstehende Urkunde belegt, daß außerdem noch Privathengste gehalten wurden.


Um 1840 spielte auch die Aufzucht von Pferden im hiesigen Raum eine gewisse wirtschaftliche Rolle, die zwei- bis fünfjährig in den Marschen angekauft und volljährig wieder ins Ausland abgesetzt wurden. Größere Transporte gingen nach Holland, Italien und Sizilien.


Die Gründe, warum die Privathengsthaltung den Züchtern nicht zusagte sind nicht bekannt. Jedenfalls stellten sie schon 1839 denAntrag an das Ministerium auf eine erneute Besetzung der staatlichen Deckstelle. Es wurde dabei der Wunsch geäußert, schwerere Hengste von "gedrungenem, kurz gefesseltem Knochenbau" aufzustellen. Wahrscheinlich standen aber derartige Beschäler nicht zur Verfügung, und so bezog der Hengst Abelard der schon seit 1831 in Badbergen bekannt war, wieder seine alte Box. Der zweite aufgestellte Hengst., Bucephalos, hatte ebenfalls einen Vollblüter zum Vater.


Die Anzahl der den Hengsten zugeführten Stuten verdoppelte sich bis 1857, erreichte aber gleichzeitig in diesem Jahr ihren Höhepunkt.


Nachdem zwischenzeitlich drei Hengste stationiert waren, deckten 1867 zwei Hengste nur 55 Stuten. 1873 war die Station mit einem hannoverschen und einem oldenburgischen, 1874 mit einem hannoverschen und zwei oldenburgischen Hengsten besetzt, die aber alle durch das Landgestüt Celle gestellt wurden.


Im Jahre 1877 wurde eine Polizeiverordnung durch die Landdrostei erlassen, in welcher es zur Pflicht gemacht wurde, alle zur Zucht benutzten Stuten auf Schauen vorzustellen. Ehrgeizige Züchter zeigten ihre Tiere schon wesentlich eher auf allgemeinen Tierschauen, die seit 1839 mit wenigen Ausnahmen alljährlich in Badbergen abgehalten wurden. Im Schaubericht vorn 6. Juni 1842 steht verzeichnet, daß die dreijährige Stute von Colon Kleine Greve in Grönloh sich an dritter Stelle in ihrer Klasse plazieren konnte.


Auf Anregung des Colon Wollermann wurde obige Polizeiverordnung später durch freiwillige Schauen gegenstandslos. In den Aufzeichnungen des Landwirtschaftlichen Vereins ist 1882-83-84 von einer Stutenschau, 1885 und 86 von einer Lokalpferdeschau die Rede.


Am 16.6.1886 fand eine Zusammenkunft mit Oldenburger Pferdezüchtern aus Dinklage statt. Grund war die Überlegung eines Zusammenschlusses. Der Vortrag des Bauern Hörstmann aus Bünne konnte jedoch die Badberger Züchter nicht überzeugen.


In den 80er und 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde eine Anzahl guter Stutfohlen zur Qualitätsverbesserung im Raum Stade, Lüneburg und Verden angekauft.


1888 erfolgte die Einrichtung des hannoverschen Stutbuches, in dessen erstem Band aber noch keine Grönloher Pferde erfaßt sind. Man kann davon ausgehen, daß die ersten Stutbuchaufnahmen in Badbergen 1893-95 stattgefunden haben, und so findet man in Band 11 die ersten beiden Grönloher Stuten.


Hier ihr Steckbrief:


Diedrich Borgmann


Nr. 1245

Kanomilla


F. ST. KL. STR.

150 cm

geb. Rieda 1891

v. Kingdom XX u. Brigitte v. Brealdabane XX u. Note v. Norfolk - lwan - Phönix

- Delpini



Prämie: 1892 I
1896 F. H.
1897 F. H.



v. Patschuli, verk. a. v. Witzleben, Hude
v. Sydow, i. B. d. Z.




Johann Arnold Middelkamp


Nr. 1247

Hatnumoda


SCHW.

160 cm

geb. Grönloh 1890

v. Halloh - Jack 11 - Nadock - Flick - Medardus - Samos - Naseweis

Prämie: 1891 1



1896 SCHW. H.


v. Patschuli, verk. a. v. Witzleben, Hude

1897 F. H.


v. dems. i. B. d. Z.


In welcher schnellen Folge hannoversche Stuten um die Jahrhundertwende zuchtbuchmäßig erfaßt wurden, läßt sich an der Stute "Kanomilla" verfolgen. Ihre Mutter, "Brigitte" ist mit der Nr. 314 in Band I eingetragen, d. h. über 900 Stuten in 10 Jahren!


Die Mutter von Hat Hurnoda (v. Jack II) wurde 1885 als Fohlen in Handorf, Kr. Harburg, gekauft. Ihr Blut fließt heute noch in den Adern in Badbergen zur Zucht benutzter Stuten (Albrecht Middelkampf, Grönloh, Cord Wassmann, Langen) und wurde über verschiedene Hengste vererbt: (Hallore, Schwabenjunge, Flötist, Wrede, Censor, Ortwin, Derneburg).


Nachstehend ein Verzeichnis Grönloher Züchter der vergangenen Jahre:


Zuchtstätte

Züchter

von

bis

Jetziger Besitzer




Braken Hof

Colon Brake, Ww. Brake,

1889

1970


Otto Brake Middelkampf,




Otto Beyer, Rudolf Marbold







Wulfert-Block's Hof

Hermann Block, Rudolf Block,

1907

1987

Hermann Sickmann

Hermann Sickmann sen.




Hermann Sickmann jun.







Beckermanns Hof

Georg Enders, Otto Enders

1890

1990

Erich Enders

Erich Enders, Peter Enders







Goesmanns Hof

Hermann Goesmann

1897

1966

Elisabeth Middendorff

Harry Middendorff







Kl. Greve

Colon Greve, Heinrich Greve,

1838

1957

Werner Greve

Ww. Greve, Heinrich Korfhage







Middelkampfs Hof

Heinrich Middelkampf

1894

1990

Albrecht Middelkampf

Albrecht Middelkampf







Wollermanns Hof

Colon Nehmelmann,

1893

1990

Wilhelm Rethorst

Hermann Sähnke




Wilhelm Rethorst sen,




Wilhelm Rethorst jun.







Dettmers Hof

Heinrich Dettmer,

1903

1967

Fr.-Wilh. Aumann

Ww. Dettmer, Alfred




Berner, Hermann Bockstiegel







Renzenbrinks Hof

Hermann Göhlinghorst

1898

1922

ehem. Strodtmann








Gerd-Heinrich




Renzenbrink








Wittrocks Hof

Wilhelm Korfhage,

1900

1989

Leo Evers

Heinrich Korfhage,




Werner Söhnel







Kuhren Hof

Wilhelm Middelkampf

1903

1965

Diether Marbold

Wilhelm Gerberding







Nethelers Hof

Heinrich Netheler

1899

1988





Heinrich Netheler

Ww. Netheler,




Willi Sannes




Gerd-Heinrich Sannes







Sähnken Hof

Heinrich Sähnke sen.

1902

1965

Heinrich Netheler

Heinrich Sähnke jun.







Rantzen Hof

August Rantze, Karl

1903

1966

Horst Rantze

Rantze, Fritz Budzinski







Gr. Greven Hof

Diedrich Borgmann,

1893

1952

Ferdinand Böckmann

Heinrich Borgmann







Hamken Hof

August Göhlinghorst,

1908

1972

Joachim Tudyka

Wilhelm Brand, Heinrich Brand,




Wilhelm Bödeker,




Hermann Bödeker







Göhlinghorst Hof

Heinrich Göhlinghorst

1909

1948

Walter Göhlinghorst








Wiegands Hof

Heinrich Wiegand,

1904

1957

Otto Pöppelmeyer

Fritz Pöppelmeyer,




Otto Pöppelmeyer







Flüßmeyers Hof

Wilhelm Flüßmeyer

1912

1969

Erna Flüßmeyer

Willi Flüßmeyer







Grönlohs Hof

Heinrich Grönloh

1912

1976

Jürgen zur Horst

Heinrich Mustermann,




Liesel Grönloh,




Günther zur Horst,




Liesel zur Horst,




Jürgen zur Horst,







Beckermanns Hof

Wilhelm Rasch,

1909

1976

Heinz Barlage

August Hagenkamp




Heinz Barlage







Kuhren Hof

Diedrich von Otte

1913

1920





Gräpers Hof

Hermann Gräper

1914

1948





Lotte Gräper

Willy Gräper







Wulfert-Blocks Hof

Gerhard von Otte,

1914

1958

Hermann Sickmann

Rudolf von Otte,




Gerd von Otte







Rüter-Borgstedes Hof

Wilhelm Borgstede

1917

1950

Gerhard Rüter








Meyer-Schultes Hof

Gerhard Schulte,

1917

1975

Günter Lippold

Diedrich Meyer-Schulte,




Gustav Schulte,




Uwe Lippold







Queckemeyers Hof

Heinrich Queckemeyer

1918

1927

Walter Budke








Meier-Rahrts Hof

Hermann Meier,

1920

1970


Rudolf Meier-Rahrt







Beckermanns Hof

Wilhelm Köper,

1920

1948

Gustav Schlottmann

Friedrich Köper,




Ernst Drewes







Budken Hof

Georg Budke, Walter Budke,

1921

1970

Walter Budke

Otto Weßling







Gr. Greven Hof

Heinrich von der Heide

1921

1959

Gustav von der Heide

Gustav von der Heide







Wulfert-Blocks Hof

Fritz Ventker

1922

1926

Hermann Sickmann








Kahmanns Hof

Wilhelm Brand, Ww. Kahmann,

1909

1955

Erich Kahmann

Gustav Kahmann







Beckermanns Hof

Heinrich Ortland

1924

1945

Mathilde Weßling








Wollermanns Hof

Heinrich Siltmann

1932

1936

Rudolf Meier








Goesmanns Hof

Wilhelm Nienaber

1934

1936

Elisabeth Middendorf








Rengermanns Hof

Wilhelm Rengermann sen.

1934

1986

Wilhelm Rengermann

Wilhelm Rengermann jun.







Wollermanns Hof

August Denningmann

1935

1950

Josef Winkler








Wulfert-Blocks Hof

Heinrich Rötker

1937

1958

Hermann Sickmann








Braken Hof

August Eveslage

1938


Rudolf Marbold








Linkugels Hof

Ww. Linkugel,

1939

1950

Gebr. Steinemann

Hermann Linkugel







Gr. Geven Hof

Wilhelm Bremerkamp

1941

1944

Hermann Tepe








Beckermanns Hof

Heinrich Landwehr

1943

1946

Erich Enders








Wittrocks Hof

Hubert Vaske

1950


Leo Evers








Goesmanns Hof

Heinrich Osterloh

1957

1963

Elisabeth Middendorf








Eilers Hof

Willi Eilers

1957

1959

Gebr. Steinemann








Dettmers Hof

Gustav Igelmann

1957

1959

Friedrich-Wilhelm




Aumann








Wollermanns Hof

Albrecht Vahrmeyer

1973

1981

Wilhelm Rethorst





Mit der Zucht von Pferden vorwiegend oldenburgischer Abstammung befaßt sich zeitweise August und Heinrich Ebeling, Willi Weßling und Gerd Bockstiegel. Es wurden hauptsächlich die Privathengste von Keßens-Wehage in Bünne und Bernhard Grave in Ihorst aufgesucht.


Die Graphiken lassen erhebliche Schwankungen in verschiedener Hinsicht in der Pferdezucht der Gemeinde Grönloh erkennen. Vom Jahre 1900 bis zum Ende des ersten Weltkrieges galt es durch erhöhte Produktion, bedingt durch den Bedarf der Armee, eine Marktlücke zu schließen. Die Nachfrage endete dann abrupt und ging aufgrund der anhaltenden Wirtschaftskrise bis Anfang der 30er Jahre zuück. (1919: 6 Hengste - 583 Stuten, 1929: 5 Hengste - 168 Stuten). Die nochmalige Aufrüstung gab der Zucht 1935 einen erneuten Aufschwung, der aber schon 10 Jahre später mit dem unglücklichen Ausgang des 2. Weltkrieges endete. Der nun folgende Abwärtstrend hielt bis 1960 an. Zu diesem Zeitpunkt entdeckte die neu erstandene deutsche Industriegesellschaft ihre Vorliebe für den Reitsport und mit der Typverbesserung und der Einrichtung von Auktionen entwickelte sich ein neuer Markt. Die Deutsche Kaltblutzucht kam fast völlig zum Erliegen. Nicht wenige derer, die bisher auf diesem Gebiet tätig waren, stiegen auf die Erzeugung von Reitpferden um. Durch die Vollmechanisierung der Landwirthaft und zahlreiche Betriebsaufgaben ging die Zahl der gedeckten Stuten weiter zurück, so daß 1990 sich nur noch 3 Betriebe in Grönloh mit der Zucht von Pferden befassen.


Die Graphik 2 weist deutliche Abweichungen gegenüber der Linie 1 auf. In den Jahren mit den höchsten Stutenbedeckungen ist die Trächtigkeitsquote am geringsten. Man könnte dabei an eine Überlastung der Hengste denken, muß aber m.E. auch den Zusa m menhang mit den Zeitabschnitten sehen. Die größten Differenzen ergeben sich in den Kriegsjahren. Zeitbedingte Abwesenheit der Besitzer, Zeitmangel und mangelnde Beobachtungsintensität dürften die größere Rolle gespielt haben. Nicht unerwähnt bleiben soll in diesem Zusammenhang das Frühjahr 1945, das eine sehr niedrige Bedeckungs- und ebensolche Fruchtbarkeitsrate aufweist. Britische Panzer und ehemalige Zwangsarbeiter bevölkerten die Wege zur Deckstelle. Man war froh, wieder am Gehöft zu sein und verzichtete gern auf ein zweites Abenteuer.


In den Jahren um 1965 ist noch einmal eine größere Diskrepanz beider Linien zu beobachten. Als Gründe könnten Witterungseinflüsse ausschlaggebend gewesen sein. Späte und kalte Frühjahre und zu nasse oder auch zu trockene Sommer mindern die Fruchtbarkeitsergebnisse. Negativ beeinflußt wird diese Linie auch durch sog. Problemstuten. Bei der Durchsicht der Decklisten von Badbergen beobachtet man, daß sie dort alljährlich auftauchen, aber keine Fohlen gebracht haben.


Ab 1975 rückten beide Linien enger zusammen, eine Folge des veterinärmedizinischen und zuchthygienischen Fortschritts.


Die Linie 3 zeigt die Trächtigkeiten an, aus denen die Fohlen über 21 Tage alt geworden sind. Berücksichtigt sind Fruchtresorptionen, zu früh geborene und lebensschwache Fohlen.


In der Graphik 2 sind in der Linie 1 Bedeckungen eingetragener Stuten dargestellt, die ihren Abschluß in der Form findet, daß Ende des zweiten Weltkrieges bis auf einige Ausnahmen alle im Stutbuch registriert waren. Höhere Erlöse für Pferde mit Schein und Brand bewogen die Züchter zu dieser Maßnahme.


Die Linie 2 beschreibt die Anzahl der Züchter im Verlauf der letzten 90 Jahre. Nach ihrem Höhepunkt 1910 zeigt sie mit geringen Abweichungen eine fallende Tendenz. In ihr spiegeln sich die zahlreichen Betriebsauflösungen und die Mechanisierung der Landwirtschaft voll wieder.


Die G raphik 3 stellt 2 "politische“ Linien dar. Sie beschreiben die Höhe der Beträge, mit denen die Züchter sich an den Kosten der Hengsthaltung durch das Land Niedersachsen beteiligen. Nach Aussage von Landstallmeister a.D. Freiherr von Stenglin ist das Landgestüt kein Wirtschaftsunternehmen. Nach Verlautbarungen soll es jedoch in den letzten 10 Jahren schwarze Zahlen schreiben. Unklar ist dabei, ob auch die Beamtengehälter und Pensionsrückstellungen von der Züchterschaft getragen werden.


Aus der Sicht der Fohlenverkäufer ist die Entwicklung beider Linien keineswegs gerechtfertigt. Wenn auf den Auktionen auch sagenhafte Spitzenpreise erzielt werden, so kann man beim Verkauf ab Hof eher von einer schleppenden Ma rkttendenz sprechen.


Zucht- und Sportpferde aus Grönloh sorgten in den vergangenen Jahren für weltweites Aufsehen. Das Spektrum reicht von der UdSSR bis zu den Vereinigten Staaten und Kanada.


Schon 1889 züchtete Brake einen gekörten Hengst, 1893 und 1898 folgten zwei Beschäler von Nehmelmann.


Der Zucht von Otto Enders entstammen 6 gekörte Hengste, Heinrich Sähnke 3, Heinrich Middelkampf 2, Erich Enders 2, Wilhelm Rethorst und Hermann Sickmann je 1 Hengst. Otto Enders war jahrzehntelang gleichzeitig Vorsitzender des Pferdezuchtvereins für das Artland, des Osnabrücker Bezirksverbandes, des Artländer Rennvereins, des Reit- und Fahrvereins und Mitglied des Vorstandes han noverscher Warm­blut­züch­ter. In enger Zusammenarbeit mit dem Leiter des damaligen Landgestüts Osnabrück, Landstallmeister Dr. Kiel, hat er die Artländer Pferdezucht entscheidend geprägt. Seiner Initiative und Energie ist auch der Bau der Badberger Reithalle zu verdanken.


Otto Enders befaßte sich nicht nur mit der Zucht von Pferden, sondern auch mit der Aufzucht von Hengsten. 18 gekörte Hengste gingen durch seinen Stall. Der Flügeladjutant-Sohn "Wöhler" konnte sogar eine eigene Blutlinie begründen, sein Nachkomme "Weltmeyer" war Sieger im Bundeschampionat für deutsche Reitpferde und "Wenzel" wird die hannoverschen Farben 1990 auf der DLG-Schau vertreten.


Recht erfolgreich war auch die weibliche Linie der Grönloher Pferde. Die Stute "Juca" von Arnold Middelkampf-Bracke wurde 1903 für die Schau der deutschen Landwirtschaftsgesellschaft ausgesucht. Auf der Badberger Stutenschau 1912 siegte die Familie von Otto Brake-Middelkampf, an 3. Stelle stand die von Heinrich Sähnke. Auf der DLG-Schau in Hamburg 1951 konnte die Staatsprämienstute "Flügelfülle" von Heinrich Middelkampf einen IIa-Preis erringen. Wilhelm Rethorst stellte 5mal die Siegerstute der Schau in Badbergen.


Hinzu kommen für die Grönloher Züchter noch zahlreiche Siege und vordere Plätze auf Tier-Regional- und Landesverbandsschauen.


Die Blutlinie der "Flügelpalme" von A. Bußmeyer, Vehs, die 1956 die höchste zu vergebende Auszeichnung, die goldene Medaille des Bundesministers für Ernährung, Landwirschaft und Forsten und vier Jahre später die Felix-Hösch-Preismünze erringen konnte, geht auf den Stutenstamm von Heinrich Borgmann zurück.


Die Mutter des Sporthengstes Raphael, der heute unter Fachleuten überall im Gespräch ist, wurde von Albrecht Middelkampf gezüchtet. Die Mutter des Beschälers "Sandsturm", der in Kanada die Blicke der Experten auf sich lenkte, wurde bei Heinrich Sähnke geboren.


Daß Grönloher Pferde sich nicht nur auf Schauen sehen lassen, sondern auch Leistungen auf internationalem Parkett erbringen können, sei an folgenden Zahlen und Fakten dokumentiert:



Springpferde:






"Lustig" von Lucius XX

Schw.-W.

Züchter: Erich Enders

Besitzer und Reiter: Jürgen Ernst, Verden



Lebensgewinnsumme:


147003




"Teja" von Axtfeld

br.-W.

Züchter: Otto Enders

Besitzer: Hans Böttcher, Bremen



Reiter: Klaus Vincke,



Herber Meyer (jetzt Trainer der Bundesdeutschen Nationalmannschaft)



Lebensgewinnsumme:


32328




"Homer" von Homer XX

F.-W.

Züchter: Albrecht Middelkampf

Besitzer: Susanne Bauer, Hüssingen



Reiter: Gustav Bauer



Lebensgewinnsumme:


32063




Dressurpferde:






"Van Eick" von Velten XX

dbr.-W.

Züchter: Hermann Sickmann

Besitzer: Josef Neckermann, Frankfurt



Reiterin: Eva-Maria Pracht



Lebensgewinnsumme:


52755




Vielseitigkeitspferde:






"Virginia" von Velten XX

dbr.-St.

Züchter: Hermann Sickmann

Europameisterschaften Kiew 1973 6. Platz



Weltmeisterschaften England 1974 bestes deutsches Militarypferd



Besitzer: Deutsches Olympisches Komitee



Reiter: Martin Plewa, derzeitiger Trainer der deutschen Vielseitigkeitsmannschaft



Lebensgewinnsumme:


7239




"Valetta" von Velten

dbr.-St.

Züchter: Hermann Sickmann

Besitzer: Italienisches Oympisches Komitee



Reiter und Lebensgewinnsumm e sind nicht bekannt, da das Pferd fast ausschließlich im Ausland gestartet ist.




Für diese hervorragende züchterische Leistung wurde Hermann Sickmann anläßlich seines 65. Geburtstages mit der goldenen Plakette der Deutschen Reiterlichen Vereinigung ausgezeichnet.


40 weitere Sportpferde aus Grönloh wechselten ihren Besitzer seit 1949 über die Verdener Eliteauktionen, auf denen die Prominenz aus Sport und Gesellschaft aus dem In- und Ausland ihre Einkäufe tätigt.


Die Gemeinde Grönloh stellte seit 1934 mit nur kurzer Unterbrechung auch die Vorsitzenden des Pferdezuchtvereins Badbergen: Otto Enders, Albrecht Middelkampf und Wilhelm Rethorst.


Vorstehende Ausführungen wären unvollständig, wenn nicht auch der Reiterei in den vergangenen Jahren gedacht würde.


Schon bald nach dem ersten Weltkrieg bemühten sich die ehemaligen Kavalleristen Wilhelm Middelkampf, seinerzeit Braunschweiger Husar, und Otto Enders, Demminer Ulan, um die Förderung des reiterlichen Nachwuchses in Grönloh. Der Übungsplatz war damals im benachbarten Wehdel in Alberdings Weide hinter Oings Tannen. Sportliche Wettkämpfe waren damals nicht so aktuell wie 25 Jahre später, das Reiten war eher eine Freizeitbeschäftigung mit gesellschaftlicher Note. Immerhin nahm Otto Enders mit seiner Abteilung, der auch Heinrich Borgmann und Hermann Sickmann angehörten, 1928 an einem Sternritt nach Osnabrück teil.


Letzterer war es auch, der nach Ende des 2. Weltkrieges den Verein neu motivierte. Er stellte eine 1,5 ha große Fläche als Reitplatz zur Verfügung, der auch heute noch in den topographischen Karten dieser Gegend als solcher gekennzeichnet ist. 1947 übte eine Abteilung mit den Gönloher Reitern Hermann Bödeker, Walter Budke, Ernst Drewes, Willi Eilers, Erich Enders, Otto Meier-Rahrt, Werner Osterloh, Friedel Renzenbrink und Heinrich Rötker unter der Leitung von Willi Rantze und Heinrich Brand in Dressur und Springen, Beim ersten Turnierbesuch am 1. Mai 1948 konnte die Mannschaft und verschiedene Einzelreiter schon hervorragende Placierungen mit nach Hause nehmen.


Ein Jahr später teilte Willi Eilers sich den 2. Platz mit dem Erbgroßherzog von Oldenburg auf dem Landesturnier in Cloppenburg in einem L-Springen, 1950 ließ er in der Klasse M dem Stall Vornholz, der damals führend in der Bundesrepublik war und auch einen Teil der Olympiapferde stellte, nur ganz knapp den Vortritt. Im gleichen Sommer fuhr eine Auswahlmannschaft, gebildet aus Dinklager und Grönloher Reitern, an einem Sonntagmorgen zur Küste und brachte die goldene Peitsche von Dangast und DM 800 mit nach Hause.


Damals wurde mit den Pferden nicht nur großer Sport betrieben, sondern auch Gehorsamsübungen erprobt. So fuhr z.B. Werner Osterloh mit dem Motorrad über ein liegendes Reitpferd!


Unter der Leitung von Otto Meyer-Rahrt brauchte sich auch in den 60er Jahren die Grönloher Abteilung um ihren Nachschub keine Sorgen zu machen. Otto war selbst ein glänzender Dressurreiter und erfolgreicher Fahrer vom Bock. Heinz Wittefeld, Hermann Boske, Wilhelm Rengermann, Günther Lux, Jürgen und Horst Rantze, Hans-Eckard Budzinzki, Jutta zur Horst, Jürgen Siltmann, Margret Brunning, Reinhard Gerberding, Gerd Ebeling und Peter Enders vertraten die Grönloher Farben auf den regionalen Pferdeleistungsschauen.


Das immer wiederkehrende Thema: Mechanisierung und zahlenmäßiger Rückgang der landwirschaftlichen Betriebe, verbunden mit einer rückläufigen Einwohnerzahl unserer Gemeinde, hinterließ auch im Reitsport seine Spuren. Die verbliebene Jugend tauschte die Pferde im Laufe der letzten Jahrzehnte gegen Motorfahrzeuge um.


Der Inhalt vorerwähnter Zeiten gibt einen Abriß der Geschichte der Pferdezucht und des Pferdesports in der Gemeinde Grönloh wieder. Ich gehe davon aus, daß die von mir benutzten Quellen authentisch sind und demzufolge Daten und Zahlen stimmen. Sicher ist, daß die Pferde bei der Kultivierung der Flächen und beim Aufbau der Gehöfte während der Besiedlung der Gemeinde einen wesentlichen Beitrag geleistet haben. Das weitere Bestehen der heutigen 3 Zuchtstätten ist von der Entwicklung des Reitpferdemarktes abhängig, wobei die Wirtschaftlichkeit gewährleistet sein muß. Seitdem die Pferde vom Acker verschwunden sind, sind auch die Zuchtstuten zum "Einnutzungstier" degradiert, und ihre Habenseite bezüglich Arbeitsleistung ist entfallen.


Heute sitzen in Grönloh nur noch 4 Junge Leute zu Pferde: Mechthild Rethorst, Annette Middelkampf, Günter Söhnel und Wilhelm Rethorst.

Hoffen und wünschen wir, daß sich die Einwohner von Grönloh auch in Zukunft Pferde nicht in zoologischen Gärten vorführen lassen müssen.

Quellen:

Deutsches Pferdemuseum, Verden
Geschäftsstelle des Verbandes hannoverscher Warmblutzüchter, Verden
Aktenarchiv des landwirtschaftlichen Vereins Badbergen
Heinrich Küst: Die Badberger Pferdezucht im Wandel der Zeit
Listen der Deckstelle Badbergen 1901-1988
F. N.: Jahrbücher Zucht
F N.: Jahrbücher Sport
Hannoversches Stutbuch: Band I-VII
Zeitschrift: "Hannoversches Pferd"
Zeitschrift: "reiten - St. Georg"